Wenn der Fön durchbricht

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2. Januar 2022
DSC 3868Da muss man schon recht früh unterwegs sein - es ist Sonntag und für heute ist besseres Wetter als in den letzten Tagen vorher gesagt. Außerdem ist Ferienzeit und schon bei der Anfahrt zeigt sich der Abstellplatz für Camping Mobile gut gefüllt. Während dort die Menschen noch in ihren Kojen liegen machen wir uns schon auf den Weg in die Natur, noch mit Stirnlampe damit wir den Weg auch sicher erkennen. Der Schimmer hinter den nahen Berggipfel kündet schon vom beginnenden Tag und wir beeilen uns so weit wie möglich dem heutigen Trubel davon zu laufen. Wir überqueren den kleinen Steg über die Weißach und steigen die nächste Flanke in Richtung Wasserfälle wieder hinauf. Die Hofhunde liegen schon auf der Lauer und schlagen an sobald sie unsere Bewegungen in der Morgendämmerung ausmachen können. Einer weiblichen Vertreterin des vierbeinigen Sicherheitspersonals stehen wir dann direkt gegenüber, die spaziert hier immer ohne Leine die Wege und Wiesen entlang, während wir uns anstrengen möglichst unschuldig und friedlich zu wirken. Bogen laufen ist angesagt, worauf hin sich die Dame auf "ihre" Wiese legt, uns umsichtig aber aufmerksam beobachtend. Es muss ja nicht immer in lautem Gebell enden wenn man sich begegnet.


DSC 3883Als wir schließlich die stürzenden Wasser erreichen fallen mir zuerst die ganzen Schilder auf die hier mittlerweile aufgestellt sind. Als Folgen der Corona-Outdoor Hysterie bleiben in der Landschaft überall platt getretene Flächen, Reifenfurchen auf Wegen und Waldböden und natürlich Müll zurück. So ist es kein Wunder dass die Gemeinden die empfindlichen Bereiche mit immer extremeren Absperrungen und Verboten versehen. Selbst einzelne Pflanzen sind, neben ganzen Parkplätzen, mit Bändern von der "Außenwelt" getrennt und sehen auch hier unten zwar auffällig aber doch recht unpassend aus. Die Befürchtung dass hier demnächst ganze Bereiche komplett gesperrt werden liegt da wohl auf der Hand und es bleibt nur zu hoffen dass die üblichen, weit entfernten Urlaubsziele bald wieder problemlos erreichbar sind damit die Naturfreunde ihre Ruhe zurück bekommen. Bis dahin lauschen wir jetzt aber erst mal alleine dem Tosen des Wassers auf dessen Weg ins Tal.


DSC 3868Überraschung - auch der übliche Wanderweg wurde hier mittlerweile dicht gemacht und es geht jetzt in einem deutlich weiteren Bogen um die ehemalige Aufstiegsstelle herum. Von oben betrachten Aiyana und Banu dann die Stelle an der wir zu früheren Zeiten das Hündle bestiegen haben. Was mag da unten wohl sonst noch Interessantes zu sehen sein? Die beiden starren minutenlang auf den unter uns liegenden Waldrand und ich mache mir schon sorgen ob mein Puls im nächsten Augenblick nach oben schnellen wird. Aber nein, nichts passiert und so marschieren wir auf dem neu angelegten Kiesweg weiter hinauf. Der zunehmende Wind fühlt sich dabei eisig an und ich ziehe erst mal den Kragen nach oben. Die Fellnasen in ihrem dichten Winterpelz haben damit so gar kein Problem und erliegen immer mal wieder ihrem Jagdtrieb wenn sie in den zahlreichen Schneefeldern nach Spuren von Mäusen suchen. Vor allem Aiyana macht es immer einen riesigen Spaß im gefrorenen Firn zu buddeln auch wenn die Erfolgsquote stehts gegen Null geht.


DSC 3883Als wir auf dem höchsten Punkt ankommen weht uns der kräftige Wind ins Gesicht und den Wölfchen pustet er das Fell durcheinander. Wir sind die einzigen frühen Besucher hier und genießen einen herrlichen Blick in die Täler der Umgebung. Frühstückspause - bis zum Eintreffen der sicherlich schon gestarteten Wanderer ist noch etwas Zeit und so packe ich Leckerchen, Weihnachtsgebäck und Tee aus und schaue in die aufsteigende Sonne die mir das Gesicht etwas wärmt bis die nächste Böe mir dieses wohlige Gefühl wieder nimmt. Aiyana überwacht während dessen die Zugangswege um für den Fall dass sich dort Menschen zeigen nervös zu werden und mich zur Flucht von unserem noch einsamen Ruheplatz auf zu rufen. Direkt unter dem Gipfel verläuft die, von der Pistenraupe fest betonierte, Spur für die Skifahrer, die wohl noch längere Zeit nicht auftauen wird. Ein späterer Test zeigt dass die so hart gefroren ist dass man eigentlich auch hier Warnschilder aufstellen müsste - "Begehen nur mit Steigeisen". Als wir die ersten Besucher entdecken packen wir unsere Habseligkeiten wieder ein und entziehen uns diesem Trubel durch Flucht auf der Rückseite des Berges und wandern weiter in Richtung Fuchsloch.


DSC 3868Ein letzter Blick zurück - in ein paar Minuten wird das Gewusel der Zweibeiner dort oben beginnen und den ganzen Tag nicht nachlassen. Wir sind dann schon wieder auf dem Rückweg und sind froh darüber. Jetzt müssen wir aber die, derzeit nicht genutzte, Skipiste queren und das an einem etwas steileren Stück des Weges. Tritte in die Oberfläche treten funktioniert nicht, das pure Eis. Selbst die Wölfchen haben so ihre Problem und suchen nach einem Ausweg aus unserer misslichen Lage - jetzt wären Schneeschuhe mit Krallen drunter geschickt aber bei so wenig Schnee würde ich die den Rest des Weges umsonst mit tragen. Als wir endlich eine Kante quer durch die Fläche entdecken zittern wir uns mit jedem Schritt der anderen Seite entgegen während meine zwei Begleiterinnen jedes Stück des Weges exakt in meiner Spur folgen. Als wir erleichtert auf der anderen Seite ankommen muss ich die beiden erst mal ordentlich dafür loben dass sie, ob meines unsicheren Schrittes, so ruhig und bedächtig hinter mir her gekommen sind.


DSC 3883Als wir schließlich das höher gelegene Skigebiet verlassen haben können wir auch wieder entspannter unseres Weges ziehen. Dafür begegnen uns jetzt doch schon wieder vermehrt andere Spaziergänger und "sichtlich gestresste" Sportler auf ihren Runden und wir müssen wieder vermehrt darauf achten diesen nicht unvermutet gegenüber zu stehen. Für eine kurze Rast auf einer etwas abgelegenen Wiese ist dennoch etwas Zeit und das Fräulein flüchtet sich gleich ein paar Meter weiter hinauf. Da hat sie den besseren Überblick über das Geschehen und ist in jedem Moment bereit zur Flucht sollte jemand den als sicher eingestuften Abstand unterschreiten. Auf dem letzten Teilstück unserer Runde mache ich mir Gedanken über neue Wandergebiete für uns, sollte sich die Lage nicht deutlich entspannen. Mit den vielen Einschränkungen macht das Wandern hier bald keinen Spaß mehr - zumindest nicht wenn man eigentlich auf der Suche nach Ruhe und etwas Abgeschiedenheit ist.


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