Auf der Salmaaser Höhe

01. Mai 2022
DSC 4591Die Sonne wird sich heute schwer tun die dunklen, tief hängenden Wolken zu durchdringen um uns etwas Wärme zu spenden. Dieser Gedanke trieb mich genau deshalb zu einer Runde über die Salmaaser Höhe denn – schlechtes Wetter lässt viele Wanderer Zuhause bleiben. Wir haben somit den Aufstieg auf der Nordseite des Höhenzuges ganz für uns alleine. Es gibt sie also doch noch die kleinen, verlassenen Plätze an denen die Menschenströme noch nicht angekommen sind. Keine Abgrenzung, kein Parkautomat, nur eine kleine Stahlkassette mit zwei dort hineingeschnittenen Schlitzen, in die ich mein Entgelt für die Aufenthaltsdauer hinein werfe, ist an einen Holzpfahl montiert . Wie viel so ein mehrstündige Aufenthalt kostet ist nicht angeschrieben aber ich will nicht kleinlich sein. Vielleicht sorgt das dafür dass dieser Ort der Ruhe noch etwas erhalten bleibt.


DSC 4588Die Stille dieses Morgens ist beeindruckend während Banu mal wieder hinter jedem Strauch etwas Aufregendes zu erkennen glaubt. Ich stelle mir dabei vor welche Geräusche, Gerüche und Bewegungen sie gerade bemerkt haben will – denn ich höre, rieche und sehe nichts. So verharrt sie hier auf diesem, wie ein Schmetterling geformten, Plateau und starrt zum nahen Waldrand. War da nicht ein Reh oder ein Hase zu erkennen? „Hallo, Banu, weiter gehts“ reiße ich sie aus ihrer Erstarrung und langsam folgt sie meinem gemächlichen Schritt weiter entlang des ruhig gelegenen, renaturierten Hochmoores. Als wir kurze Zeit später einen, dem Aussehen nach, alteingesessenen „Landwirt“ begegnen wähne ich mich in die Vergangenheit versetzt. Schlohweißer Bart, Filzhut mit Gamsbart sitzt er auf einer Bank etwas über uns und zur Begrüßung „lupfe“ ich meinen Hut. Er erhebt in aller Ruhe seine Hand zum Gruß während die Wölfchen ihn fasziniert fixieren.


DSC 4591Hin und wieder muss ich Banu etwas Zeit für den Aufstieg lassen, sie wird gemütlicher mit den Jahren und zeigt ihr früheres Verhalten, unbedingt vorweg laufen zu wollen, nur noch sehr selten. Aiyana macht mich auf diesen Umstand ab und an aufmerksam in dem sie unvermittelt stehen bliebt und sich nach ihrer Mutter umsieht. Dann heißt es warten bis die alte Dame wieder den Anschluss gefunden hat und in der Zwischenzeit bekommt die Junge ein Leckerchen. Diesen Umstand erkennend legt Banu dann doch ein kleines Stück an Tempo zu – etwas Feines sollte man sich schließlich nicht entgehen lassen. Die, teils schon wieder angebrachten, einfachen Weidezäune künden bereits von der beginnenden Alm Saison und mir fällt ein dass uns der Zugang zu den Allgäuer Hügeln und Bergen bald wieder verwehrt ist, zumindest was die Viehweiden angeht. Nicht was Betretungsverbote angeht, sondern hinsichtlich der teils übertriebenen „Aufmerksamkeit“ die den Vierbeinern seitens der Rinder zuteil wird.


DSC 4588Angekommen auf dem schönen Aussichtspunkt oberhalb des Alpsees legen wir dann eine erste frühe Pause ein. Frühstückszeit – und so packe ich die mitgebrachten Leckereien aus. Die zwei Fellnasen legen sich mit ihren Schätzen in die, vom nächtlichen Regen nasse Wiese und genießen sichtlich die Momente hier oben. Ich bestaune derweil den schnellen Zug der tiefhängenden Wolken und bin froh darüber dass mich die Natur nicht mit Regentropfen beschenkt. Auch wenn die weit unten im Tal liegende Straße ihre Geräusche bis auf unsere Höhe treibt ist es doch nur ein Rauschen im Hintergrund dass diese Momente der Zufriedenheit nicht trüben kann. Einfach mal komplett Abschalten zu können und die Unsicherheiten der Zeit dort unten zurück zulassen hat schon was.


DSC 4591Auf jeder deutlichen Erhebung des Höhenzuges steht ein Gipfelkreuz und hier findet sich auch ein Gipfelbuch in das ich kurz hinein stöbere. Schon so manche Wandergruppe erreichte dieses Jahr unseren Aufenthaltsort und schrieb ihre Gedanken in das kleine Buch. Ganz ähnliche Gedanken scheinen dabei die Menschen zu bewegen – Ruhe, Einkehr, Aussicht – ein kleines Paradies im Alltag in das sich die Menschen begeben um Ruhe zu finden. Da hier keine Bäume stehen erreicht uns jetzt aber auch der böige Wind und treibt mir die Kälte unter die Haut – es ist Zeit weiter zu gehen und durch die Bewegung den Körper wieder aufzuwärmen. Kurz hinter dem höchsten Punkt unserer Runde steigen wir dann wieder hinab zu den Menschen. Heute ist schließlich der 1. Mai und in jedem, noch so kleinen, Dorf wird der Maibaum, begleitet von Böllerschüssen und Glockengeläut der Kirchen, aufgestellt.


DSC 4588Kurz vor dem Erreichen unseres Ausgangspunktes passieren wird dann eine letzte Alphütte die sich noch im Winterschlaf befindet. Bald werden auch hier wieder Kühe die Weiden bevölkern und uns für die nächsten Monate in ungenutzte Gegenden verweisen. Wir werden dann sehnsüchtig auf den September warten um uns wieder so frei bewegen zu können. Und so packen wir unsere Sachen wieder ins Auto, die Wölfchen nehmen ihre Ruheplätze ein und mit einem tiefen Gefühl der Zufriedenheit über den heutigen Tag begeben wir uns auf den Heimweg zurück in die Umtriebigkeit unserer Zeit, immer wieder bereit für eine erneute kleine Flucht in die erholsame Einsamkeit der Natur.


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